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Bankenprivileg bei Konzernfinanzierungsgesellschaften bis zum Erhebungszeitraum 2020


Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von Kreditinstituten bleiben grundsätzlich nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG hinzurechnungspflichtige Schuldentgelte weitgehend außer Ansatz, solange die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen jene aus anderen Geschäften überwiegen (§ 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG i. V. m. § 19 Abs. 1 und 2 GewStDV). Dieses sog. Bankenprivileg trägt dem bei Kreditinstituten qua Geschäftsmodell hohen Fremdkapitaleinsatz Rechnung und verhindert, dass diese Unternehmen von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung der Schuldentgelte besonders betroffen wären. Es kann in Fällen bis zum Erhebungszeitraum 2020 auch für Konzernfinanzierungsgesellschaften, die in der maßgeblichen Fassung des § 19 GewStDV a.F. (noch) nicht durch Verweis auf den Ausnahmenkatalog des § 2 Abs. 1 KWG von der Begünstigung ausgenommen waren, gelten.

Dies änderte sich jedoch grundsätzlich für Erhebungszeiträume ab 2021, da § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV per Fünfter Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 25.06.2020 (BGBl. I 2020, 1495) um § 2 KWG ergänzt wurde und somit unter anderem Konzernfinanzierungsgesellschaften aus dem Begünstigungskreis des Bankenprivilegs ausgeklammert wurden. Die daher nur für offene „Altfälle“ relevante Frage, ob eine Konzernfinanzierungsgesellschaft ein im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr – also an den eigentlichen Bankgeschäften -ausgerichtetes Unternehmen darstellt oder es noch weitere Kriterien für die Inanspruchnahme des Bankenprivilegs erfüllen muss, klärte der BFH in seinem Beschluss vom 21.05.2025 (Az. III R 6/24).

Im Streitjahr 2012 war die 100 %-ige Tochter-GmbH einer Holding-AG innerhalb des Konzerns für dessen Finanzierung zuständig. Gegenüber anderen Konzerngesellschaften erbrachte die GmbH Dienstleistungen des Finanz- und Cash-Managements und reichte so eingehende Gelder an verbundene Konzerngesellschaften aus (Cash-Pooling); zudem hielt sie als Zwischenholding Beteiligungen innerhalb des Konzernverbunds. Ausgangsumsätze aus einer aktiven Tätigkeit erzielte sie nicht, jedoch sonstige betriebliche Erträge in Form von Devisenergebnissen aus realisierten Wechselkursgeschäften und übrige Erträge aufgrund weiterberechneter Kosten und ihrer Eigenschaft als Organträgerin. Das Finanzamt versagte nach einer Betriebsprüfung die Anwendung des Bankenprivilegs bei der Ermittlung des Gewerbeertrags 2012 und rechnete die gesamten Entgelte für Schulden hinzu. Dem widersprachen FG und abschließend BFH.

Nach dessen Auffassung ist das Bankenprivileg nach alter, bis zum Erhebungszeitraum 2020 geltenden Rechtslage einem Unternehmen, das Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlichen Umfang betreibt, und weitere notwendige Kriterien erfüllt, zu gewähren. Da Bankgeschäfte insbesondere Kreditgeschäfte in Gestalt der Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten sind (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG), gilt als solches auch die von der GmbH innerhalb des Konzerns übernommene Finanzierungstätigkeit. Ein gewerbsmäßiger Betrieb von Bankgeschäften liegt vor, wenn er auf eine gewisse Dauer angelegt ist und diese Geschäfte mit Gewinnerzielungsabsicht bzw. entgeltlich betrieben werden. Der BFH definiert die zeitliche Komponente als „auf unbestimmte Zeit“ oder wenn über einen mehrjährigen Zeitraum wiederholt gleichartige, auf einen längeren Zeitraum ausgelegte Darlehensverträge abgeschlossen werden.

Die Frage der Gewinnerzielungsabsicht bzw. Entgeltlichkeit ist anhand des zivil- und aufsichtsrechtlichen Verständnisses des Merkmals „Gewerbsmäßigkeit“ zu beantworten. Denn der hier einschlägige, über die GewStDV anwendbare Regelungsbereich des KWG bestimmt vor allem die unter die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht fallenden Personen mit den zu erfüllenden Auflagen und einzuhaltenden Regeln. Damit stellt der BFH entgegen der Auffassung des FG ausdrücklich klar, dass es nicht auf das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ankommt. Zuvor hatte das FG bindend festgestellt, dass nach den abgeschlossenen Vereinbarungen bezogen auf dieselben Zeiträume Guthaben bei der GmbH niedriger verzinst waren als die von ihr gewährten Kreditlinien und die GmbH insofern aus den eigentlichen Bankgeschäften ein positives Ergebnis erzielte. Mit diesem Rückgriff auf § 15 Abs. 2 EStG hatte das FG jedoch bereits höhere Anforderungen als erfüllt angesehen als nach Auffassung des BFH für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG erforderlich sind. Daher bejahte der BFH die Gewerbsmäßigkeit bei der GmbH und sah die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs als erfüllt an.

 

Hinweis: 

Der BFH bestätigt mit seinem aktuellen Beschluss einerseits seine bisherige Rechtsprechung zur Anwendung des Bankenprivilegs bei Konzernfinanzierungsgesellschaften bis zum Erhebungszeitraum 2020 (BFH, Urteile vom 30.11.2023, Az. III R 55/20 und vom 06.12.2016, Az. I R 79/15), entwickelt diese jedoch andererseits fort. Insbesondere beantwortet er die Frage der mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Bankgeschäfte von Konzernfinanzierungsgesellschaften nicht anhand der ertragsteuerlichen Regelung des § 15 Abs. 2 EStG, sondern nach zivil- und aufsichtsrechtlichem Verständnis der „Gewerbsmäßigkeit“ in § 1 Abs. 1 KWG. Für offene, gleichgelagerte „Altfälle“ ist diese weit gefasste Sichtweise zu begrüßen.

Dieser Artikel wurde verfasst von

Roland Speidel
Steuerberater, Rechtsanwalt, Director, National Office Tax & Legal