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Globale Mindestbesteuerung
(Pillar 2): Aktueller Kontext, Entwicklungen und Auswirkungen 

Die globale Mindestbesteuerung, auch bekannt als Pillar 2, ist ein bedeutendes internationales Steuerreformprojekt, das darauf abzielt, Unternehmen unabhängig von ihrem Sitzland einer Effektiv-Steuerbelastung von 15 % zu unterwerfen. 
Pillar 2 betrifft international tätige Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Mio. Euro. 

In Deutschland gilt das Mindeststeuergesetz seit dem 1. Januar 2024, so dass deutsche Unternehmen jetzt Maßnahmen ergreifen müssen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. 

Aktueller Kontext

Wie bereits in unserem Insight im März 2025 erläutert, bleibt Pillar 2 weiterhin ein zentrales Diskussionsthema sowohl auf der nationalen als auch der internationalen politischen Bühne. Zwischenzeitlich bereiteten die USA steuerliche „Gegenmaßnahmen“ gegen Staaten vor, die Pillar 2 umgesetzt haben, um potentielle steuerliche Belastungen für US-Konzerne zu verhindern. Die als „Revenge Tax“ bekannt gewordene Sec. 899 des „One Big Beautiful Bill Act“ konnte durch eine gemeinsame Konsultation und Erklärung der G7-Staaten beim Gipfel in Kanada grundsätzlich abgewendet werden. Die politische Debatte reißt jedoch nicht ab, da noch abschließend zu klären sein wird, wie mit US-Gesellschaften im Pillar 2-Kontext umzugehen ist und die auf dem G7-Gipfel erzielte Einigung gesetzgeberisch umgesetzt werden wird. 

In Deutschland wurde nun der Referentenentwurf des Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – MinStAnpG) veröffentlicht. Zum bereits lange erwarteten Gesetz gibt es nach zwei Diskussionsentwürfen aus dem vergangenen Jahr nun bereits den dritten Entwurf, der wiederum erhebliche Änderungen enthält. 

Mögliche Auswirkungen für deutsche Unternehmen 

Der mit Datum vom 6. August 2025 veröffentliche Entwurf zum MinStAnpG (MinStAnpG-E) enthält neben einzelnen Maßnahmen im Außensteuergesetz (AStG) und Einkommensteuergesetz (EStG) umfassende Änderungen des Mindeststeuergesetzes (MinStG). Mit Blick auf international tätige Familienunternehmen und Konzerne sind folgende nun vorgesehene Änderungen besonders relevant: 

Bereits in den vorangegangenen Diskussionsentwürfen zum MinStAnpG wurden die für Konsolidierungszwecke verwendeten Berichtspakete (in der Praxis als „Reporting Packages“ bekannt) als qualifizierte Datengrundlage unter anderem für die Berechnung der Transitional Safe Harbour Regelungen (§ 87 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 MinStG-E) vorgesehen. Diese Regelung ist weiterhin Teil des MinStAnpG und stellt damit eine für Unternehmen äußerst relevante Vereinfachung dar. Darüber hinaus sollen Reporting-Packages nun auch für Zwecke des § 82 Abs. 1 S. 1 MinStG-E und damit für die Vollberechnung (Full GlobE Berechnung) im ersten Anwendungsjahr als Datengrundlage verwendet werden können.

Eine wesentliche Änderung zu den Diskussionsentwürfen stellen die neu geschaffenen Missbrauchsvermeidungsvorschriften gem. §§ 82 ff. MinStG-E dar. Die Einführung dient der Umsetzung der am 15. Januar 2025 veröffentlichten OECD-Verwaltungsrichtlinie zu Pillar 2 und soll eine Umgehung der Mindeststeuer insbesondere durch staatliche Maßnahmen und Regelungen, die die Aktivierung von latenten Steuern ermöglichen, verhindern. Die neuen Vorschriften erhöhen die Komplexität bei der Anwendung des MinStG weiter. 

§ 274 Abs. 1 S. 2 HGB sieht ein Wahlrecht für die Aktivierung latenter Steuern vor. Die Anpassung des § 50 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 MinStG-E soll es ermöglichen, einen nach § 274 HGB oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung als aktive latente Steuern nicht berücksichtigten Aktivüberhang für Pillar 2-Zwecke zu erfassen. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Ob diese Intention des Gesetzgebers durch die derzeitige Formulierung erreicht wird, ist jedoch fraglich; sie wird lediglich durch die Gesetzesbegründung klar. Es ist zu hoffen, dass mit der finalen Gesetzesfassung eine entsprechende Klarstellung erfolgt.

Zudem werden durch die Neuregelung nicht alle Fälle nicht aktivierter latenter Steuern für Zwecke der Mindeststeuerberechnung erfasst. Dies betrifft z.B. Fälle nach § 274a Nr. 4 HGB, also kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des HGB, die von der Anwendung des § 274 HGB befreit werden. Infolgedessen könnten für solche Gesellschaften weiterhin nicht angesetzte aktive latente Steuern für Zwecke der Mindeststeuer nicht berücksichtigt werden. 

Durch die Einführung des MinStG ergibt sich ein überschneidender sachlicher Anwendungsbereich mit der Lizenzschranke gem. § 4j EStG. Die Lizenzschranke sollte bisher im Fall einer Präferenzbesteuerung mit einem Steuersatz von 15 % bei Lizenzeinnahmen von ausländischen Lizenzgläubigern den deutschen Betriebsausgabenabzug nicht zulassen. Diese Vorschrift wird aufgehoben. Die Maßnahme ist mit Blick auf die Bürokratieentlastung und Vereinfachung der Steuergesetzgebung zu begrüßen.

Dagegen ist die noch im zweiten Diskussionsentwurf enthaltene Aufhebung des § 4i EStG nun nicht mehr vorgesehen. § 4i EStG soll einen doppelten Betriebsausgabenabzug in den Fällen verhindern, in denen Aufwendungen sowohl im Ausland als Betriebsaushaben als auch in Deutschland als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden. In der Gesetzesbegründung zm zweiten Diskussionsentwurf wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass durch die Einführung des § 4k EStG die Beibehaltung des § 4i EStG nicht mehr nötig ist. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber von dieser Auffassung abgerückt ist. Im Sinne der Vereinfachung der Steuergesetzgebung sollte das finale MinStAnpG die Aufhebung des § 4i EStG wieder vorsehen. 

§§ 8 ff. AStG regeln die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung für niedrig besteuerte Tochterkapitalgesellschaften, die sog. passive Einkünfte erzielen. § 9 AStG in der aktuellen Fassung sieht bei gemischten Einkünften (d.h. sowohl aktive als auch passive Einkünfte) eine Freigrenze von 10 % und 80.000 Euro der gesamten Einkünfte vor, mit der Folge, dass bei Unterschreitung die passiven Einkünfte außer Ansatz zu lassen sind. Diese Freigrenze soll auf ein Drittel und 100.000 Euro erhöht werden. 

Einordnung des Referentenentwurfs zum MinStAnpG

Das lang ersehnte MinStAnpG sieht begrüßenswerte Änderungen des MinStG vor, die zu einer weniger komplexen Anwendung beitragen. Insbesondere die Berücksichtigung der Berichtspakete sowohl für Zwecke der Transitional Safe Harbour Berechnungen als auch Full GloBE Berechnungen stellt eine Vereinfachung dar. Leider werden nicht - wie in den Stellungnahmen zu den Diskussionsentwürfen gewünscht – durchweg Vereinfachungen geschaffen. Vielmehr wird beispielsweise durch die neuen Missbrauchsvermeidungsvorschriften die Komplexität bei der Anwendung des MinStG weiter erhöht. 

Erwartungsgemäß beinhaltet das MinStAnpG keine Aussagen zu permanenten Safe Harbour Regelungen. Diese sind mit Blick auf die aktuell geltenden Transitional Safe Harbour Regelungen, welche bis 2027 befristet sind, dringend notwendig. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber zeitnah die auf OECD-Ebene bereits diskutierten permanenten Safe Harbour Regelungen reagiert und diese umsetzt. 

Abschließend ist festzuhalten, dass die globale Mindestbesteuerung weiterhin oben auf der politischen Agenda steht und mit einer Abkehr davon nicht zu rechnen ist. Unternehmen sollten sich daher mit dem Thema auseinandersetzen, um insbesondere für den Jahresabschlussprozess sowie die anstehenden erstmaligen Steuererklärungsverpflichtungen zum 30. Juni 2026 gut aufgestellt zu sein. Unsere Experten stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung!  

Dieser Artikel wurde verfasst von

Christina Busch
Steuerberaterin, Partnerin, Tax & Legal, Internationales Steuerrecht & Verrechnungspreise