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(Nur) Entfernungspauschale für Fahrten eines Piloten zum Flughafen als erste Tätigkeitsstätte

Die arbeitstäglichen Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte – also der einfachen Wegstrecke (Entfernungspauschale) – sind grundsätzlich pauschal mit EUR 0,30 für die ersten 20 Entfernungskilometer im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart als Werbungskosten anzusetzen; ab dem 21. Entfernungskilometer erhöht sich die Entfernungspauschale auf EUR 0,35 (VZ 2021) bzw. EUR 0,38 (VZ 2022 bis 2026). Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind dagegen mit den pauschalen Sätzen für die tatsächlich gefahrenen Kilometer – Hin- und Rückfahrt - nach dem Bundesreisekostengesetz als höchste Wegstreckenentschädigung steuerlich abziehbar. Ob der einem Piloten von seinem Arbeitgeber zugewiesene (Heimat-)Flughafen unter bestimmten Voraussetzungen eine sog. erste Tätigkeitsstätte darstellt, so dass dessen Aufwendungen für die Fahrten dorthin nicht als Reisekosten, sondern lediglich mit der sog. Entfernungspauschale steuerlich abziehbar sind, klärte das FG Köln in seinem Urteil vom 04.12.2024 (Az. 12 K 1369/21).

Ein angestellter Pilot war nach seinem Arbeitsvertrag mit einer Fluggesellschaft einem 150 Km von seiner Wohnung entfernten Flughafen zugeordnet. Die entsprechende Strecke fuhr er für seine ausschließlichen Langstreckenflüge im Streitjahr 2018 vorwiegend per Pkw und fand sich dort circa zwei Stunden vor dem jeweiligen Abflug ein. Die elektronische Bearbeitung der Flugvorbereitung erledigte der Pilot im Homeoffice; im Flughafengebäude bestätigte der Pilot lediglich schriftlich seine Anwesenheit, checkte elektronisch ein, besprach kurz den jeweils anstehenden Flug mit der Crew und zog sich nötigenfalls Updates der Flugdaten, bevor er i.d.R. circa eindreiviertel Stunden vor Abflug das Flugzeug bestieg. In dessen Cockpit absolvierte der Pilot sämtliche für den Flug sicherheitsrelevanten Arbeiten (z.B. das Einspielen der Flugdaten per Kabel ins Flugzeugsystem, Mitteilung der konkret zu tankenden Treibstoffmenge, Überwachung des Tankvorgangs, Überprüfung des Flugzeugs auf Flugsicherheit). 

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2018 machte er 73 Fahrten zum Stationierungsflughafen als Dienstreisen mit den jeweils tatsächlich gefahrenen 300 km pauschal mit EUR 0,30 als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur die einfache Entfernung zum Flughafen mit je EUR 0,30 pro 150 km im Rahmen der Veranlagung; es erachtete diesen – wie nachfolgend das FG - als erste Tätigkeitsstätte des Piloten.

Als solche gilt die ortsfeste, betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Sie besteht aus räumlich zusammengefassten Sachmitteln, die der Tätigkeit des Arbeitgebers dienen und entweder erdbodenverbunden oder überwiegend standortgebunden genutzt werden. Insoweit kommt auch ein großflächiges, infrastrukturell erschlossenes Gebiet wie ein Flughafen in Betracht. Auch wenn dieses zwar aus vielen für sich betrachtet selbständigen betrieblichen Einrichtungen wie Gebäuden und übrigem Gelände – etwa Zu- und Abfahrtswegen, Rollbahnen und Parkplätzen der Flugzeuge – besteht, kann es räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers – hier Betrieb der Fluggesellschaft – stehen. Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung richtet sich nach dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen. Eine dauerhafte Zuordnung wird regelmäßig im Fall eines unbefristeten, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder ein mehr als 48-monatiges Tätigwerden des Arbeitnehmers angenommen. 

Vorliegend waren nach Ansicht des FG sowohl die eigentliche Zuordnung des Piloten als auch deren Dauerhaftigkeit unstreitig erfüllt. Dass der Pilot nicht arbeitstäglich dessen Stationierungsflughafen aufsuchte, ist ebenso unerheblich wie dessen sog. Dead-Head-Flüge, bei denen sich der Pilot passagiergleich zunächst zu einem anderen Flughafen begibt, bevor er von dort den Flug beginnt.

Zudem war der Pilot in Erfüllung seines Arbeitsvertrages in hinreichendem, seinem Berufsbild entsprechenden Umfang am Flughafen tätig, um diesen als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen. Ob hierfür bereits die im Flughafengebäude ausgeführten Tätigkeiten des Piloten ausreichten, ließ das FG offen. Denn zu den typischen Tätigkeiten des Piloten zählen auch diejenigen im Flugzeug (Cockpit) bis zu dessen Abheben von der Rollbahn, da diese auf dem Flughafengelände als großräumiger ortsfester betrieblicher Einrichtung erfolgen. In den Vordergrund rückte das FG sämtliche arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeiten des Piloten auf der „großräumigen (ortsfesten) Tätigkeitsstätte Flughafen“, unabhängig davon, dass sich der Pilot teilweise in einem ortsveränderlichen Fahrzeug (Luftfahrzeug) befindet.

 

Hinweis: 

Die gegen das Urteil zugelassene Revision ist vor dem BFH anhängig (Az. VI R 4/25). Dieser hat – soweit ersichtlich erstmals – Gelegenheit die Frage zu klären, ob nach der geltenden Rechtslage die Tätigkeiten eines Piloten im Cockpit eines Flugzeugs der großräumigen und ortsfesten Tätigkeitsstätte Flughafen zuzuordnen sind. In seiner früheren Rechtsprechung hatte dieser zwar die sog. Briefing-Räume einer Fluggesellschaft auf dem Flughafen (BFH, Urteil vom 11.04.2019, Az. VI R 40/16) dem damals neu eingeführten Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ zugeordnet und somit nur die Entfernungspauschale zum Abzug zugelassen. Nach seinem die alte Rechtslage betreffenden Urteil vom 26.02.2014 (Az. VI R 68/12 (NV)) war das Cockpit eines Piloten mangels Ortsfestigkeit jedoch keine regelmäßige Arbeitsstätte und die entsprechenden Fahrtkosten des Piloten als Dienstreise anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund ist eine Klärung des BFH im Rahmen des nunmehr anhängigen Revisionsverfahrens zu begrüßen. Gleichgelagerte Fälle sollten offengehalten werden. 


 

Dieser Artikel wurde verfasst von

Katrin Driesch
Steuerberaterin, Director, National Office Tax & Legal/Quality Assurance