Die geplante Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht hätte die große Mehrheit der Krankenhäuser in Deutschland dazu verpflichtet, ihren Lagebericht um einen Nachhaltigkeitsbericht zu erweitern. Mit der sogenannten „Omnibus“-Initiative der EU sind nun Betroffenheit, Zeitpunkt und auch Inhalt der Berichtspflicht für viele Krankenhäuser wieder offen. Trotz Zeitgewinn, wird die drohende Berichtspflicht als zusätzliche Belastung wahrgenommen, insbesondere in einer Zeit, in der Krankenhäuser sich eine Reduzierung bürokratischer Anforderungen wünschen. Die damit verbundenen personellen und finanziellen Ressourcen stellen für viele Einrichtungen eine Herausforderung dar. Gemeinsam mit dem Deutschen Krankenhausinstitut e. V. (DKI) hat BDO in der schon zehnten gemeinsamen Studie die Herausforderungen, Chancen und den aktuellen Stand der Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der Branche untersucht.1
Schon ohne eine detaillierte Betrachtung der Ergebnisse wird deutlich, welche Relevanz das Thema in der deutschen Kliniklandschaft hat. Weit über 300 Häuser aus der befragten Gruppe der Allgemeinkrankenhäuser mit mehr als 100 Betten beteiligten sich – ein Rekordergebnis. Die konkreten Ergebnisse zeigen dann jedoch, dass die Umsetzung des Themas noch optimiert werden muss. Nur 11 Prozent der Krankenhäuser haben bereits einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht erstellt, 70 Prozent haben keinerlei Erfahrungen mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das zeigt, dass viele Häuser vor einer erheblichen Herausforderung stehen werden, wenn die Berichtspflicht auf sie zutrifft.
Die Studie legt offen, dass die Mehrheit der Krankenhäuser sich als „Starter“ oder „Anfänger“ in Sachen Nachhaltigkeitsmanagement und -berichterstattung sieht. Nur 3 Prozent der Krankenhäuser betrachten sich als Vorreiter in diesem Bereich.
Größere Einrichtungen sind eher in der Lage, Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen, während kleinere Häuser häufig zurückhaltender sind. Die Gründe dafür sind klar: Der bürokratische und zeitliche Aufwand für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten ist hoch. Pro Krankenhaus wird der mediane Aufwand auf etwa eine Vollzeitstelle, die Zeit für die Erstellung eines Berichts auf etwa zehn Monate geschätzt. Die Krankenhäuser sehen die Nachhaltigkeitsberichterstattung daher vordergründig als zusätzliche Belastung an. Über die Hälfte der Krankenhäuser hat bereits externe Beratung zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts in Anspruch genommen oder plant dies für die Zukunft. Externer Sachverstand ist für die Krankenhäuser ein probater Weg, den Aufwand so weit wie möglich zu reduzieren und Sachverstand ins Boot zu holen.
Im vergangenen Jahr ist mit dem Bruch der Koalition in Deutschland die Umsetzung der CSRD in deutsches Recht gescheitert. Mit „Omnibus“ kam Anfang 2025 dann auf EU-Ebene ein Neuvorschlag zu Adressatenkreis, Zeitpunkt und Inhalt der Berichtspflichten. Noch ist nichts final entschieden. Krankenhäuser und viele andere betroffene Unternehmen müssen die aktuelle Entwicklung um die Umsetzung der CSRD-Berichtspflicht in deutsches Recht verfolgen.
Viele Krankenhäuser erkennen trotz der Herausforderungen und Unklarheiten den potenziellen Nutzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Berichte werden dazu beitragen, interne Prozesse zu verbessern, das Image gegenüber Patientinnen und Patienten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu stärken und letztlich dadurch auch wirtschaftliche Vorteile im Vergleich zur Konkurrenz zu erzielen.
Diese Ansätze zeigen, dass in der Branche ein Bewusstsein für Chancen und Potenziale rund um das Thema vorhanden ist. Verantwortliche, die diese für ihr Krankenhaus bzw. Unternehmen nutzen wollen, müssen sich nicht nur auf eine mögliche Berichtspflicht vorbereiten, sondern auch abwägen, ob eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung sinnvoll ist.
In vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft ist die freiwillige nichtfinanzielle Berichterstattung bereits ein etabliertes Instrument zur Verbesserung der Stakeholder-Beziehungen. In der Gesundheitsbranche, die sich an vielen Stellen mit dem öffentlichen Sektor überschneidet, in dem häufig nach den nachhaltigen Entwicklungszielen (Social Development Goals / SDG) der UN berichtet wurde und auch die Taxonomie-Regelungen nicht zur Geltung kommen, gibt es bislang durchaus freiwillige Berichterstattung – jedoch bei Weitem nicht in einem vergleichbaren Umfang. Gegen ein freiwilliges Reporting wird häufig das Argument der Kosten und des Aufwands genannt. Das lässt sich auch aus den Ergebnissen der Studie ablesen. Es ist klar, dass auch für eine freiwillige Berichterstattung ohne „äußeren Zwang“ ein Managementsystem implementiert und Ressourcen allokiert werden müssen. Nur so kann effizient und zielorientiert sowie formell korrekt berichtet werden. Es ist also genau zu betrachten, ob dieser organisatorische, personelle und schlussendlich finanzielle Aufwand sich unter Umständen wirklich lohnt. Dafür gibt es drei Beispiele, die für einen positiven Effekt sprechen:
Einen Sonderfall bilden hier die Krankenhäuser, die dem öffentlichen Sektor zuzuordnen sind. Das der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Unternehmen gemeinsame Ziel einer effizienten und wirkungsorientierten Steuerung lässt keinen anderen Weg zu: Es muss ein Managementsystem im o. g. Sinne etabliert werden. Insbesondere mit Blick auf die nahezu ausnahmslos mit dem Begriff der Nachhaltigkeit zu verknüpfenden Themen der kommunalen Daseinsvorsorge ist es für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft langfristig kaum vorstellbar, die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht professionell anzugehen.
Krankenhäuser sollten die Berichterstattung – bei allem Verständnis für Belastungen und die vielfältigen Herausforderungen – vermehrt als Chance sehen. Sie können beispielsweise neben dem unverstellten Blick auf ökologische und soziale Themen auch Prozesse verbessern und ihr Image stärken. Unabhängig von der Trägerschaft, Größe oder Struktur von Krankenhäusern sollten Verantwortliche das Thema daher ernst nehmen und einerseits den Fortgang in Sachen CSRD-Umsetzung und „Omnibus“-Initiative weiter aufmerksam beobachten, andererseits aber auch proaktiv prüfen, ob eine freiwillige Berichterstattung zur Nachhaltigkeit für das eigene Krankenhaus in Betracht kommt. Wichtig ist, dass den Krankenhäusern die entsprechenden finanziellen Mittel für die notwendigen Investitionen in eine professionelle Nachhaltigkeitsberichterstattung bereitgestellt werden.
1 BDO/DKI (2025): Nachhaltigkeitsberichterstattung in Krankenhäusern. URL: www.bdo.de/kh-studie-2024.
[Status: 31.01.2025]