Nach der ersten Berichtssaison von Nachhaltigkeitsberichten in der EU, die nach den europäischen Berichtsstandards ESRS (European Sustainability Reporting Standards) erstellt wurden, hat die EU mit einer Vielzahl von Maßnahmen und Veröffentlichungen in den mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Jahr 2023 gestarteten Prozess zu einer einheitlichen und umfassenden Berichterstattung der Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte der Tätigkeit eingegriffen.
Diese Eingriffe haben die Rückmeldungen aus den Mitgliedsstaaten, den berichtspflichtigen Unternehmen und der Politik aufgegriffen, die eine Entlastung der Unternehmen hinsichtlich des Umfangs und der Komplexität der Berichterstattung und den mit der Datenerhebung zusammenhängenden Kosten gefordert hatten.
Die unter der Überschrift „Bürokratieabbau“ in den Omnibus-Regelungen der EU zusammengefassten Maßnahmen haben in den letzten Monaten eine hohe Dynamik und weitreichende Änderungen an der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU erbracht. Die Kernpunkte der einzelnen Maßnahmen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Mit der Richtlinie beabsichtigt die EU, die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen gegenüber den bestehenden Regelungen der CSRD einzugrenzen. Dabei geht es um die Anpassung der unternehmensbezogenen Schwellenwerte, ab denen die Berichtspflicht greift. Dabei beinhaltet der Entwurf der EU-Kommission die Orientierung an den im Sinne des Bilanzrechts großen Kapitalgesellschaften bei gleichzeitig mehr als 1.000 Beschäftigten, der EU-Rat orientiert sich an Unternehmen, die mehr als 450 Mio. EUR Umsatz und mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Der Entwurf des EU-Parlaments für den Beginn des Trilogs steht derzeit noch aus. Insofern ist davon auszugehen, dass eine finale Richtlinie erst Ende 2025 oder Anfang 2026 vorliegt, die dann von den Institutionen genehmigt und von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Umsetzung bis zum 31. Dezember 2025. Mit der Richtlinie verschiebt sich die erstmalige Verpflichtung zur Berichterstattung nach der CSRD für alle Unternehmen, die im Jahr 2024 nicht bereits den Berichtspflichten bei einer Umsetzung der CSRD in den Mitgliedstaaten unterlegen hätten, um zwei Jahre.
Diese Verordnung der EU-Kommission fokussiert auf Vereinfachungen der Berichterstattung der Unternehmen, die bereits im Jahr 2024 berichtspflichtig waren. Die Verordnung wird noch im Jahr 2025 unmittelbar geltendes Recht, sofern der EU-Rat und das EU-Parlament nicht innerhalb der „scrutiny period“ widersprechen. Wesentliche Vereinfachungen sind die Ausdehnung der bisher nur für die erstmalige Anwendung geltenden Erleichterung des Verzichts zur Angabe der finanziellen Auswirkungen um zwei weitere Jahre, der Ausdehnung der Erleichterungsvorschriften für Unternehmen mit bis zu 750 Beschäftigen auf alle Unternehmen auf die Jahre 2025 und 2026 sowie die Möglichkeit zum Verzicht auf die Angaben zu ESRS E4, ESRS S2, ESRS S3, ESRS S4 sowie verschiedene Angaben aus dem ESRS S1 für die Jahre 2025 und 2026.
In der am 4. Juli 2025 veröffentlichten Delegierten Verordnung C(2025) 4568, die analog zur Quick-fix-Verordnung voraussichtlich noch im Jahr 2025 zu geltendem Recht wird, wird die Berichterstattung bereits für das laufende Geschäftsjahr 2025 vereinfacht. Allerdings ist die Verschiebung der erstmaligen Anwendung der neuen Rechtsvorschriften auf am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnende Geschäftsjahre ausdrücklich zugelassen. In der Verordnung werden die Meldebögen zu den Taxonomie-Kennzahlen vereinfacht und die Anzahl der berichtspflichtigen Daten erheblich reduziert. Ergänzend wird ein Wesentlichkeitsgrundsatz von 10% der jeweiligen Kennzahl für die Berichtspflicht einer Wirtschaftstätigkeit eingeführt. Begleitend werden bestimmte Bewertungskriterien in Bezug auf die DNSH-Kriterien vereinfacht.
Ergänzend ist die Anpassung der Schwellenwerte für die Berichtspflicht auf Unternehmen mit mehr als 450 Mio. EUR Umsatz und mehr als 1.000 Beschäftigte im Rahmen der beschriebenen Omnibus I – Content- Richtline beabsichtigt.
Exkurs: Umsetzung der CSRD in Deutschland
Nachdem Deutschland die Umsetzung der CSRD in deutsches Recht weder fristgerecht bis zum 24. Juni 2024 noch bis zum Jahresende 2024 geglückt ist, ist mit dem Referentenentwurf veröffentlicht am 10. Juli 2025 und dem darauffolgenden Regierungsentwurf vom 3. September 2025 ein erneutes Gesetzgebungsverfahren initiiert worden (dazu ist ein Beitrag für die nächste Ausgabe dieses Newsletters vorgesehen). Dabei sind die Anwendung der Mitgliedstaatenwahlrechte und die inhaltliche Umsetzung quasi identisch zum Regierungsentwurf aus dem Jahr 2024. Einzig die Festlegung auf die Mitarbeiterschwelle von 1.000 Beschäftigten für die Pflicht zur Berichterstattung auch der berichtspflichtigen kapitalmarktorientierten Unternehmen und die Klarstellung eines Ausschlusses der „wie große Kapitalgesellschaften“ bilanzierenden Unternehmen der öffentlichen Hand sind nennenswerte Anpassungen.
Der vorerst letzte Schritt auf dem Weg zu einer entbürokratisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU, ist die Veröffentlichung der „Amended ESRS Draft“ durch die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) am 31. Juli 2025.
Verbindliche angepasste ESRS werden auf Grund des Gesetzgebungsprozesses in der EU erst Mitte 2026 erwartet.
Dies steht im Einklang mit der Verschiebung des Erstanwendungszeitraums für die Mehrzahl der Unternehmen auf das Jahr 2027 mit der „Stop-the-clock“ Regulierung. Zum Start des Erstanwendungszeitraums 1. Januar 2027 sollen die angepassten, die Berichterstattung vereinfachenden Standards rechtsverbindlich vorliegen. Ob die Verabschiedung im Jahr 2026 bereits für die berichtspflichtigen kapitalmarktorientierten Unternehmen für das Berichtsjahr 2026 freiwillig angewendet werden können, ist derzeit noch ungeklärt. Es ist in jedem Fall davon auszugehen, dass sie die Berichterstattung 2026 und der Auslegung einzelner Berichtsanforderungen im Jahr 2026 beeinflussen werden. Für eine umfassende Beeinflussung der Berichterstattung bereits im Jahr 2025 fehlt es an der Verbindlichkeit und auf Grund der Vorlage des finalen Entwurfs der EFRAG nach der Kommentierungsperiode kurz vor Ende des Jahres voraussichtlich auch an der Zeit für deren Berücksichtigung.
Gleichwohl lohnt sich ein erster Blick in die angepassten ESRS im Entwurfsstadium, um zu verstehen, wo EFRAG die Hebel für eine Komplexitätsverringerung der Nachhaltigkeitsberichterstattung sieht. In der gemeinsam mit den angepassten Standards veröffentlichten „Basis for conclusions“ hat EFRAG sowohl Informationen zum Prozess der Informationsgewinnung und der eingebundenen Institutionen in die Entwicklung der Änderungsvorschläge veröffentlicht als auch die vorgenommenen Anpassungen zusammenfassend erläutert.
EFRAG fasst die wesentlichen Anpassungen unter sechs Überschriften zusammen:
Die gesamten Anpassungen führen auch numerisch zu einer deutlichen Verringerung des Umfangs an verpflichtend zu berichtenden Datenpunkten. EFRAG hat mit 347 Berichtspflichten eine um rd. 57% verringerte Anzahl gegenüber den ESRS Set1 ermittelt und mit der Streichung von freiwilligen Angaben den Prozentsatz auf rd. 68% aller erläuterten Angaben den Umfang noch weiter reduziert.
Ergänzend zu den angepassten Standards hat EFRAG Textvergleiche der aktuellen zur Vorversion (“Log of Amendments”) veröffentlicht, die einen schnellen Überblick über die Streichungen und Änderungen erlauben.
Vorab zu den nun vorliegenden Anpassungen der regulatorischen Vorgaben hatte EFRAG bereits eine zusammenfassende Darstellung der Beobachtungen und Erkenntnisse aus der Durchsicht von 656 Berichten von Unternehmen in der EU vorgestellt, die nach den Anforderungen der ESRS Set 1 für das Berichtsjahr 2024 veröffentlicht wurden.